Saturday, 20th April 2024
20 April 2024

„Wir haben das Jahr 2018“: Männer dominieren bayerischen Landtag

In der CSU liegt der Frauenanteil bei rund 20 Prozent.


Für die Grünen ist es „ein Armutszeugnis“: Im Münchner Landtag sitzen fast dreimal so viele Männer wie Frauen. Das gab es seit 15 Jahren nicht mehr. Zeit für eine Frauenquote?

55 Frauen sitzen im neuen bayerischen Landtag – und fast dreimal so viele Männer (150): Mit einem Frauenanteil von rund 26,8 Prozent ist das Parlament in München männergeprägter als in den vergangenen 15 Jahren. "Es ist ein Armutszeugnis", sagt die Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze. "Wir haben das Jahr 2018."

Auch in der als besonders männerdominiert geltenden FDP kommen die Zahlen schlecht an. Julika Sandt, die einzige Frau in der neuen FDP-Fraktion im Maximilianeum, hat es sich nur knapp eine Woche nach der Wahl bereits zum Auftrag gemacht, beim nächsten Mal mehr Frauen in der Fraktion zu haben. Dieses Mal will sie sich "gegen die Machos Söder und Aiwanger durchsetzen".

In der vergangenen Legislaturperiode waren 28,3 Prozent der Abgeordneten im Maximilianeum weiblich, davor waren es noch 31,6 Prozent, davor 29,4 Prozent. Im bundesweiten Vergleich liegt der Freistaat damit – ansonsten immer bemüht um die Top-Platzierung – auf dem viertletzten Platz. Nur in Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Baden-Württemberg sitzen noch weniger Frauen in den Parlamenten.

Auch im Bundestag ist seit der Wahl im Herbst 2017 die Zahl der weiblichen Abgeordneten von 36,3 Prozent auf 30,9 Prozent gesunken. Eigentlich soll ein Parlament die gesamte Gesellschaft repräsentieren. Im neuen bayerischen Landtag besteht allerdings einzig die SPD-Fraktion zur Hälfte aus Frauen. In der CSU liegt der Frauenanteil bei rund 20 Prozent.

Strukturelle Benachteiligung

Die Forschung zeige, dass tendenziell Parteien im linken Spektrum häufiger Frauen aufstellten als Parteien im rechteren Spektrum, sagt Ina Bieber vom Gesis-Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften in Mannheim. Dass so wenige Frauen in der Politik seien, habe verschiedene Gründe: Parteiarbeit finde meist abends statt – und damit zu Zeiten, die sich Frauen häufiger für ihre Familie frei hielten.

Laut Sozialwissenschaftlerin Ina Bieber stellen Parteien im linken Spektrum tendenziell häufiger Frauen auf als Parteien im rechten Spektrum.

Auch abseits von klassischen Rollenverteilungen gebe es Strukturen, die Frauen in der Politik benachteiligten. "Als Direktkandidat werden oft diejenigen wieder nominiert, die die Position bereits innehaben, und das sind häufiger Männer", erklärt Bieber. Ein wichtiger Faktor sei auch das Wahlrecht: So führten etwa Mehrheitswahlsysteme zu einem niedrigen Frauenanteil.

Bessere Aussichten hätten Frauen im Verhältniswahlrecht, mit einem guten Listenplatz. "Ich war immer gegen eine Quote, bin mittlerweile aber völlig anderer Meinung", sagt die scheidende Landtagspräsidentin Barbara Stamm von der CSU. Dem neuen Landtag gehört sie nicht mehr an. "Doch eine Quote rettet nicht alles, Frauen müssen sehr viel mehr dazu beitragen." Ihre Partei etwa habe Probleme, genug Frauen zu finden, um Posten paritätisch besetzen zu können.

"Es geht nach Leistung, nicht nach Geschlecht"

Braucht es dennoch eine Frauenquote? In der bayerischen Parteienlandschaft gehen die Meinungen auseinander. Die Grüne Schulze ist dafür, dass die Parteien eine quotierte Liste aufstellen müssen – "so kommen wir der Sache immerhin ein bisschen näher". Sandt von der FDP hingegen sagt, eine Quote sei leistungsfeindlich. "Wir sind eine Partei, in der es nach Leistung geht, nicht nach Geschlecht."

Auch Hubert Aiwanger, Chef der Freien Wähler und möglicherweise bald Vize-Ministerpräsident, lehnt eine Frauenquote ab. Er strebe einen Frauenanteil seiner Partei im Parlament an, wie es sie auch unter den Mitgliedern gebe (rund 20 Prozent). Die Emanzipation sei dann erreicht, wenn nicht mehr Männer und Frauen gezählt würden. Bei gleicher Eignung würde es aber aus seiner Sicht durchaus Sinn machen, Frauen zu bevorzugen – immer auf die Gefahr hin, dass ebenso gut qualifizierte Männer keinen Posten bekommen.

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