Tuesday, 23rd April 2024
23 April 2024

700 Festnahmen und Zusammenstöße: „Gelbwesten“-Protest in Paris eskaliert

Die Auseinandersetzungen in Paris drohen schon wieder zu eskalieren.


Wieder protestieren die „Gelbwesten“ in Paris. Bilder wie vor einer Woche sollen sich nicht wiederholen. Doch es gibt bereits wieder gewalttätige Zusammenstöße. Die Polizei meldet mehr als 700 Festnahmen. Durch Paris wabern Rauch und Tränengas.

Die abermaligen  Proteste der "Gelbwesten" sind in Frankreich von Hunderten Festnahmen und Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften überschattet worden. Landesweit beteiligten sich nach Regierungsangaben bis zum Mittag 31.000 Menschen an den Kundgebungen, 700 Menschen seien vorläufig festgenommen worden. Während in Paris Tausende Kundgebungsteilnehmer durch die Innenstadt zogen, setzte die Polizei in der Nähe des Prachtboulevards Champs-Elysées Tränengas gegen Demonstranten ein.

In Paris kam es zu Ausschreitungen. Sicherheitskräfte versuchten, Kundgebungsteilnehmer in der Nähe der Champs-Elysées mit Tränengas zurückzudrängen. Mehrere Demonstranten bewarfen die Polizei unter anderem mit Knallkörpern und anderen Gegenständen. Kurz zuvor hatten die Demonstranten ihren Protestzug über die Prachtstraße begonnenAm Mittag setzten die Sicherheitskräfte Wasserwerfer und Tränengas gegen Demonstranten ein.

Im Zentrum der Hauptstadt versuchten am frühen Nachmittag mehrere Demonstranten, das Luxuskaufhaus "Publicis" in Brand zu stecken. Die Protestteilnehmer – einige von ihnen in gelben Westen – entzündeten eine Tanne, die sie gegen die Fassade des Kaufhauses lehnten. Die Polizei drängte die Demonstranten unter Einsatz von Tränengas ab. Eine junge Frau wurde mit einer Kopfverletzung zur Behandlung fortgebracht.

Auch an anderen Orten in Paris gab es Ausschreitungen. Nahe der Metro-Station Grands Boulevards setzten die Demonstranten eine Straßenbarrikade in Flammen. In der Avenue de Friedland schlugen sie Fensterscheiben ein. Die Polizei setzte gepanzerte Fahrzeuge in der Innenstadt ein.

Bereits im Vorfeld waren erneut Ausschreitungen am vierten Samstag nacheinander mit landesweiten Protesten befürchtet worden. Die Regierung hatte deshalb landesweit 89.000 Sicherheitskräfte mobilisiert, in Paris waren es 8000. Dies war rund ein Drittel mehr als am vergangenen Samstag, als in der Hauptstadt zeitweilig bürgerkriegsähnliche Zustände herrschten.

"Wollen uns Gehör verschaffen"

Nach Regierungsangaben wurden allein in Paris bis zum Mittag 548 Menschen vorläufig festgenommen, 272 Menschen kamen in Polizeigewahrsam. Unter ihnen seien Verdächtige, die Masken, Steinschleudern, Hämmer und Pflastersteine bei sich getragen hätten. Bei den Kundgebungen vor einer Woche hatte die Zahl der Festnahmen zur gleichen Zeit bei 412 gelegen.

Die Proteste führten zu massiven Verkehrsbehinderungen in Paris. Mehrere Hundert Demonstranten blockierten am Morgen zeitweise die wichtige Ringautobahn Périphérique. Die Polizei löste die Blockade auf, ohne dass es zu Zusammenstößen kam. Eine örtliche "Gelbwesten"-Sprecherin betonte den friedlichen Charakter der Autobahn-Blockade: "Wir wollen uns Gehör verschaffen, keine Randale machen", sagte Laetitia Dewalle.

Auch die Innenstadt von Paris war durch die Proteste betroffen. Touristen-Attraktionen wie Eiffelturm und Louvre sowie zahlreiche Geschäfte bleiben aus Furcht vor Chaos und Plünderungen geschlossen. Zudem bleiben 36 Stationen der U-Bahn und der Vorortbahnen RER geschlossen. Rund 50 Buslinien wurden unterbrochen oder umgeleitet.

Landesweite Auswirkungen

Auch in anderen französischen Städten gingen wieder "Gelbwesten" auf die Straße. In Marseille marschierten rund tausend Kundgebungsteilnehmer vom Hafen zur Präfektur. Auch hier betonten die Initiatoren ihren Willen zu einem friedlichen Verlauf. Ebenso folgten in Grenoble Kundgebungsteilnehmer einem Protestaufruf der "Gelbwesten". Einer der Initiatoren wurde dort nach Angaben der Präfektur festgenommen, weil er für die Demonstration keine Genehmigung eingeholt hatte. Die Behörden in Grenoble bezeichneten die Lage als gespannt, insgesamt gab es bis zum Mittag rund 15 Festnahmen.

Landesweit verursachten die "Gelbwesten" Behinderungen auf den Autobahnen. Die A6 war nördlich von Lyon nach Angaben des Autobahnbetreibers seit 04.30 Uhr gesperrt. Die A10 wurde gegen Mittag wieder für den Verkehr freigegeben, nachdem "Gelbwesten" in der Nacht dort Paletten und Reifen angezündet hatten.

In ganz Frankreich wurden nach Behördenangaben bis Mittag mehr als 5000 Menschen auf den Autobahnen kontrolliert. Dabei sei es zu zahlreichen Festnahmen gekommen – unter anderem, weil die Betroffenen "gefährliche Gegenstände" mit sich geführt hätten, erklärte die Polizei.

Moderate Vertreter der "Gelbwesten" hatten ihre Anhänger zuvor aufgerufen, den Kundgebungen in Paris fernzubleiben, um in den Augen der Öffentlichkeit nicht mit den Randalierern in einen Topf geworfen zu werden. Einzelne Aktivisten riefen dagegen zur Einnahme des Elysée-Palasts in Paris auf, des Amtssitzes von Präsident Emmanuel Macron. Die Protestbewegung fordert den Rücktritt Macrons sowie allgemeine Steuersenkungen, höhere Renten und Löhne. Die bisherigen Zusagen der Regierung reichen den Aktivisten nicht aus.

Bilderserie



By:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert